Pressemeldung

 

01.06.2021

Letzter Urantransport aus Deutschland verlässt Wismut- Betriebsgelände

Königstein. Nach 75 Jahren endet in Sachsen ein wichtiger Teil deut­scher Geschichte, der während des Kalten Krieges begann und bis heute fortwirkt. Mit dem Abtransport des letzten Urans vom Wismut-Standort Königstein scheidet Deutschland aus der Liste der uran­produzierenden Staaten aus.
 
Am 1. Juni 2021 rollt der unscheinbare Sattelzug mit dem grünen Silo vom Betriebsgelände der Wismut GmbH in Königstein. Die Ladung: 19,5 Tonnen Gemisch aus Wasser und Uranoxid. Das letzte Uran, das bei der Wasser­reinigung am Wismut-Standort in Königstein abgetrennt und in den zwei Uran-Silos eingelagert wurde. Das Uran-Gemisch wird seit 1997 an die US-amerikanische Firma Nuclear Fuels Corporation verkauft.
 
Unter Aufsicht der Europäischen Atomgemeinschaft EURATOM und der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA werden die beiden Silos nun zum letzten Mal geleert. Bei dem Prozess wird der Uranschlamm in den Silos durch Rohrleitungen in einen speziellen Tank auf dem Sattelzug ge­pumpt. Der Schlamm passiert einen Probensammler. Die Proben werden im Anschluss analysiert, um den Urangehalt genau zu bestimmen. Dies geschieht unabhängig durch ein Labor des VKTA Rossendorf e. V. und durch das Wismut-Labor in Königstein.
 
Die sogenannte Suspension ist der Reststoff aus der Behandlung der ange­fallenen Wässer aus der Sanierung der Urangrube in Königstein. Bei der Reinigung des Wassers wurde bisher das enthaltene Uran abgetrennt und schließlich verkauft. Dieser Prozess endet nun. Die enthaltenen Mengen sind mittlerweile so gering, dass eine separate Abtrennung nicht mehr sinn­voll ist.
Seit dem Ende des Uranerzbergbaus 1990 wird kein Uran mehr in Deutsch­land produziert. Dennoch fielen bis heute bei der Sanierung der Hinterlas­senschaften in Sachsen und Thüringen noch insgesamt 3 350 Tonnen Uran an, die verkauft wurden.
 
Bis 1990 war die DDR der viertgrößte Uranproduzent der Welt. Von 1946 bis zur Einstellung der Uranproduktion 1990 wurden in Sachsen und Thürin­gen 216.350 Tonnen Uran produziert und in die damalige Sowjetunion ge­liefert. Seit 1991 hat sich die Wismut GmbH der herausfordernden Aufgabe gestellt, die Wunden des Uranerzbergbaus in Sachsen und Thüringen zu heilen. Bisher wurden hierfür 6,8 Milliarden Euro Bundesmittel bereitgestellt. Wesentliche Meilensteine sind erreicht: Mehr als eine Milliarde Tonnen an radioaktiven Rückständen wurden stabilisiert, Gefahren beseitigt, Risiken minimiert. Neu entstandene Landschaften, besiedelt von seltenen Tier- und Pflanzenarten, künden vom gewaltigen Transformationsprozess. Die Aufga­ben der Zukunft bleiben herausfordernd und komplex. Sie werden noch Ge­nerationen beschäftigen und den Einsatz materieller, personeller und finan­zieller Ressourcen erfordern.
 
Die Bewältigung der Hinterlassenschaften des Uranerzbergbaus war eine der größten ökologischen und technischen Herausforderungen im wieder­vereinigten Deutschland. Seit 1991 arbeitet die Wismut GmbH im Auftrag der Bundesregierung erfolgreich an der Stilllegung und Sanierung ehemali­ger Uranproduktionsstandorte in Sachsen und Thüringen. Eine Mammutauf­gabe, die weltweit ihres Gleichen sucht.
 
Wegen ihrer Uranvorkommen rückten nach dem zweiten Weltkrieg das Erz­gebirge und Ostthüringen in den Brennpunkt der Geschichte. Um den Rüs­tungsvorsprung der USA aufzuholen, forcierte die sowjetische Besatzungs­macht die Gewinnung von Uran in der Region in rücksichtsloser Art und Weise. Bis 1953 erfolgte die Ausbeutung ostdeutscher Uranvorkommen für das Atomprogramm der UdSSR als Reparationsleistung.
 
Das im Kalten Krieg gegründete Bergbauunternehmen Wismut entwickelte sich bis 1990 zum größten Einzelproduzenten von Urankonzentraten welt­weit. Den Preis bezahlten die Menschen vor Ort: Mit zerstörten Landschaf­ten, verschwundenen Ortschaften, massiven Verunreinigungen von Luft, Böden und Gewässern, mit Gesundheitsschäden, sozialen Verwerfungen und zurückbleibenden ökologischen Risiken.
 
Im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands übernahm die Bundes­republik die Verantwortung für die Hinterlassenschaften des ostdeutschen Uranerzbergbaus in all seinen ökologischen, finanziellen und sozialen Dimensionen.